Kriminell flach: die Insel Pianosa

Elba kennt man sowieso, mit Giglio und Capraia haben wir euch ebenfalls bekannt gemacht. Aber wem ist Pianosa ein Begriff? Auch Pianosa ist eine Insel des Toskanischen Archipels. Mit einer Fläche von zehn Quadratkilometern ist sie nur etwa ein Zwanzigstel so groß wie Elba, hält aber den skurrilen Rekord, die flachste des Archipels zu sein, daher auch der Name (vgl. „piatto“ = „flach“).

Insel Pianosa

Garantiert ohne Photoshop: die Küste von Pianosa

Tatsächlich liegt der höchste Punkt mit dem selbstbewussten Namen „Belvedere“ („schöne Aussicht“) ganze 29 Meter über dem Meeresspiegel. Aufgrund der flachen Form bekommt man das Meer nur zu Gesicht, wenn man direkt am Ufer steht – trotz der bescheidenen Dimensionen der Insel. Wenn man es dann aber sieht, kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus: Das Wasser ist so leuchtend türkis – weiter draußen tief königsblau – als hätte jemand mit Photoshop nachgeholfen.

Dem Kalk sei Dank

Luca Giusti, unser Führer auf der Insel, weiß warum: „Pianosa besteht aus Kalkstein, der beständig vom Meer ausgewaschen wird. Dabei entsteht weißer Sand, der sich in Küstennähe ablagert. Und auf weißem Sand kommt die Farbe des Wassers natürlich bestens zur Geltung.“ Wir sind mit Luca zu Fuß unterwegs; Pianosa darf man nur mit Führer besuchen. Das liegt zum einen an der geschützten Natur (ganz Pianosa inklusive des Meers drumherum ist Teil eines Naturschutzgebiets.), zum anderen vielleicht auch an den Häftlingen.

Gefangen im Paradies

Insel Pianosa

Wenn schon ins Gefängnis, dann wenigstens mit Stil.

Häftlingen? Genau, Pianosa ist nämlich eine Gefängnisinsel: Im 19. Jahrhundert gab es dort eine Strafkolonie, 1968 erfolgte der Umbau zum Hochsicherheitsgefängnis – zuerst für Mitglieder der Roten Brigaden, dann für Mafiosi. Seit 1998 ist das Gefängnis eigentlich geschlossen. Dennoch sind auf Pianosa einige Häftlinge der Strafanstalt von Porto Azzurro auf Elba stationiert. So richtig nach Strafe sieht ihr Dasein allerdings nicht aus: Sie betreiben ein kleines Restaurant im einzigen Ort Pianosas, arbeiten in den Gemüsegärten und haben ansonsten stets freien Auslauf. Ein Gefängnisgebäude gibt es nicht; das Meer bildet die natürliche Grenze, die eine Flucht verhindert. Doch wer würde überhaupt von einer paradiesischen Insel flüchten, auf der er ohnehin nur die letzte Zeit seiner Haftstrafe absitzt? Nach Pianosa versetzt zu werden, gebührt nämlich nur Häftlingen, die sich dieses Privileg durch hervorragende Führung verdient haben.

Das Konzept des offenen Vollzugs  wurde übrigens schon im 19. Jahrhundert auf Pianosa umgesetzt, was damals mehr als fortschrittlich war. Aus dieser Zeit stammen auch die meisten Gebäude des winzigen Orts. Der Architektur-begeisterte Gefängnisdirektor Leopoldo Ponticelli ließ sie Jugendstil-ähnlich errichten, was dem ohnehin außergewöhnlichen „Gefängnis“ einen Hauch Extravaganz verleiht.

Die Gefängnismauer: nur ein Fake

Umso störender wirkt dadurch die von weithin sichtbare Gefängnismauer. Klobig und Beton-grau steht sie da und wird wohl auch in Zukunft aus Kostengründen nicht abgerissen werden. Warum überhaupt eine Gefängnismauer bei offenem Vollzug? „Das ist ein Relikt aus den 70er-Jahren, als Pianosa ein Hochsicherheitsgefängnis war“, erklärt uns Luca. Damals gab es ein „richtiges“ Gefängnisgebäude, das die Häftlinge nach Eintreffen auf Pianosa erst erreichten, wenn sie die imposante Gefängnismauer durch das einzige Tor passiert hatten. So wähnten sie sich in einem rundum eingemauerten Areal, was jeden Fluchtversuch sinnlos erscheinen ließ – und was nichts weiter als eine Illusion war: Die Mauer verläuft lediglich ein paar hundert Meter nach links und rechts und endet dann abrupt. Zur Abschreckung hat sie aber genügt.

Porto Romano, Insel Pianosa

„Wir baden nicht, wir schauen bloß“: Dem Porto Romano lässt sich nur schwer widerstehen.

Erkundungstour per Mountainbike

Nach unserem Rundgang im Ort leiht uns Luca Mountainbikes, mit der wir die Natur der Insel erkunden. Richtig sportlich wird es nicht; es geht zwar sprichwörtlich über Stock und Stein, aber Hügel gibt es logischerweise keine zu erklimmen. So können wir uns umso besser am Meer sattsehen. Wir machen Halt am Porto Romano, einer Bucht, die (wie der Name sagt) ein ehemaliger römischer Hafen ist. Wir würden am liebsten von den Felsen ins Wasser springen. Doch leider ist das Baden aus Naturschutzgründen hier nicht erlaubt – wie fast überall auf Pianosa. Lediglich am sehr schönen Strand in der Nähe des Hafenorts darf man der Versuchung anheimfallen.

Pianosa liegt rund 14 km von Elba entfernt. Vom Hafen von Marina di Campo ist es per Boot täglich in ca. 40 Minuten erreichbar. Genauere Infos, Ticketpreise und Abfahrtszeiten gibt es auf der Website von Aquavision. Führungen z. B. zu Fuß oder per Fahrrad müssen extra hinzugebucht werden (ebenfalls über Aquavision). Ein Tag ist für die Besichtigung der Insel eigentlich ausreichend. Wer dennoch übernachten will, kann sich ein Zimmer im einzigen (recht einfachen, dafür günstigen) Hotel auf Pianosa nehmen.

Und: Ausprobiert haben wir es zwar nicht, aber Tauchen rund um Pianosa muss auch sehr schön sein:

Fotos: Luca Giusti

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