Renate Konrad hält Italien sowohl mit ihrer Kamera als auch mit Worten fest. In ihrer Buchreihe „Immer wieder Italien“ erzählt sie von ihren Reiseerlebnissen in den verschiedensten italienischen Regionen. So hat sie die Insel Giglio und den Monte Argentario erlebt:
Keine Frage, auch wir finden die mit Zypressen verzierte Hügellandschaft der Toskana fotogen. Sehr sogar. Aber wenn’s irgendwie geht, möchten wir im Italienurlaub weder Englisch noch Deutsch hören. Das muss in der Toskana doch auch möglich sein. Zumindest in der Nebensaison.
Auf der Insel Giglio zum Beispiel. Die liegt in der südlichen Toskana, vor der Küste des Monte Argentario, sozusagen auf halber Strecke zwischen Pisa und Rom. Wir lieben das Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Von Pisa aus nahmen wir den Zug. Praktischerweise liegt der Monte Argentario direkt an der Eisenbahnlinie. In Orbetello, Monte Argentario stiegen wir aus und nahmen den Bus zum Hafen von Santo Stefano.
Die unwirkliche Lage von Orbetello ist schwierig zu beschreiben. Der vorgelagerte Monte Argentario ist im Prinzip eine Insel, wäre er nicht durch zwei schmale Landzungen mit dem Festland verbunden. Die südliche ist bewaldet und zählt zu den Naturschutzgebieten der Maremma. Zwischen den beiden Landzungen ragt eine dritte, kürzere, ins Wasser, auf der sich der Lagunenort Orbetello befindet. Von dort aus führt ein Damm zum Monte.
Schon bevor wir in Porto Santo Stefano angekommen waren, beschlossen wir, nach der Woche auf Giglio nicht direkt nach Rom weiterzufahren, sondern den Monte noch einmal zu besuchen, denn diese grüne, gebirgige Halbinsel hatte es uns gleich angetan. Und dann entpuppte sich Porto Santo Stefano auch noch als idealer Ort fürs „Dolce far niente“, das süße Nichtstun! Von dort aus wollten wir den Monte erkunden und unbedingt auch nach Porto Ercole fahren. Das ist der idyllische Festungsort, wo die niederländische Königsfamilie ihre Sommerresidenz hat. Und der bedeutende Maler Caravaggio seine Grabstätte.
Aber erst mit der Fähre auf die Insel. Und dann anrufen, wie vereinbart.
»Ihr seid jetzt auf dem Traghetto? Va bene. Wenn ihr im Hafen ankommt, seht ihr eine Kirche. Da steht die Signora, von der ihr den Schlüssel und die Adresse bekommt.«
Unser Appartement war im Prinzip ganz nah am Hafen. Um es zu erreichen, mussten wir jedoch erst 68 hohe Stufen hinaufsteigen. Mit Gepäck. Wofür hatte ich eigentlich den Koffer mit Rollen angeschafft?
Immerhin hatten wir von unserer Wohnung aus eine herrliche Aussicht über den Hafenort – die heimliche Hauptstadt der Insel – und das Meer. Nur nicht an dem Abend, als der Strom ausfiel. Seit dem Giglio-Urlaub sehen wir bei der Ankunft immer gleich in den Schubladen nach. Gibt es Kerzen und Streichhölzer? Dann können wir davon ausgehen, dass der Strom garantiert mal ausfällt.
Die Insel ist winzig und Orte gibt es nur drei. Giglio Porto ist durch den Hafen und die Restaurants ziemlich lebendig. Nach dem Frühstück auf unserer Panoramaterrasse gingen wir immer zum Hafen runter. Dort saßen wir beim Cappuccino in der Sonne und beobachteten das Geschehen.
Was dort so geschah? Nicht viel. Wir beobachteten die Ladenbesitzer, die vor die Tür gingen, wenn sie nichts zu tun hatten und die Restaurants, die ihre Vorbereitungen trafen. Das Wetter war gut, also waren auch die Tauchschulen aktiv. Kisten mit Ausrüstungen wurden zum Hafen geschleppt und aufs Boot gewuchtet. In Porto und Campese gibt es jeweils drei Tauchschulen. Schließlich hat die Insel die besten Tauchplätze Italiens!
Und dann gab’s noch den Rentnerklub. Der war immer schon vor uns auf der Hafenpiazza. Die vier Ex-Fischer saßen auf den klapprigen Stühlen, die entlang einer Hauswand im Schatten standen, und unterhielten sich angeregt. Dort blieben sie den ganzen Morgen sitzen. Bis ihre Handys klingelten. Dann gab’s Mittagessen.
Der offizielle Hauptort heißt Giglio Castello und liegt in 400 Metern Höhe, hat aber weniger Einwohner als Porto. Es ist eine Festungssiedlung aus dem Mittelalter. Ein gut erhaltenes Dorf, das mit seinen verwinkelten Gassen zum Schlendern und Fotografieren einlädt. Es wirkt allerdings ausgestorbener als es in Wirklichkeit ist. Dafür wird man dort mit einem wunderbaren Ausblick belohnt! Wir sahen nicht nur Giglio von oben, sondern auch die Inseln Giannutri, Elba und Korsika.
Campese ist der Strandort. Außer Strand und dem alten Wehrturm gibt’s dort wirklich nichts Nennenswertes. – Vom Meer mal abgesehen. Hier beim Turm ist es sehr fotogen, aber auch an allen anderen Küstenabschnitten ist das Meer zauberhaft türkis, grünlich oder blau in allen Schattierungen. Am schönsten ist die Kombination mit der blühenden Natur im Frühling. Dann kann wird einem klar, warum die Insel „Juwel“ genannt wird.
Es gibt eine Busverbindung, aber wir haben alles erwandert. Eine Landkarte lohnt sich nicht, denn nicht alle Wege stehen auf der Karte. Und nicht alle Wege, die darauf stehen, gibt’s wirklich. Wir gelangten an einsame Felsstrände und kleine Badebuchten. Am Sonntag waren die Strände gut besucht. Obwohl unsere kleine Bucht nur zu Fuß erreichbar war, tummelte sich dort der Mittelstand von Giglio Porto. Die junge Metzgerfamilie lag direkt neben uns.
Auf unseren Spaziergängen kamen wir jedoch kaum voran. Ständig mussten wir fotografieren. Diese Farben! Es war Ende April. Der Ginster und die wilden Blumen blühten um die Wette. Außerdem musste die extrem blaue Küste festgehalten werden sowie die Pinien, Zypressen und Mufloni. Kein Witz: Auf Giglio leben Mufflons! Weswegen wir eine Wanderung abgekürzt haben? Mufflons sind Wildschafe, die man vom Tierkreiszeichen Widder kennt. Die mit diesen imposanten Hörnern.
Im Laufe der Woche reservierten wir telefonisch ein Zimmer in Porto Santo Stefano. Der Inhaber war so erfreut, dass er uns spontan Rabatt gab. Verwunderlich, denn normalerweise kommen sie damit erst, wenn wir mit Kreditkarte zahlen möchten. Dann ist plötzlich der Kreditkartenautomat kaputt. Oder sie bieten uns einen Sconto an, wenn wir bar bezahlen. In beiden Fällen ist das Ziel erreicht: Der Betrag wird nicht versteuert, denn er taucht nirgendwo auf.
„Tutto a posto?“, begrüßte uns der Vermieter, den man in seinem zotteligen Seemannspullover nicht direkt als Makler erkannt hätte. Wir hatten eins seiner Appartements gemietet, aber die ganze Woche fragten wir uns, wann und wie wir eigentlich bezahlen müssen. Kurz bevor die Fähre uns wieder zum Festland bringen sollte, hatte er sich gemeldet. Er wollte uns treffen. Und zwar unten im Ort. Auf die lange, steile Treppe hatte er wohl keine Lust. Aber das Appartement zu kontrollieren anscheinend auch nicht.
Normalerweise bezahlt man direkt, wenn man ankommt, aber auf Giglio ticken die Uhren anders. Unser Makler wusste nicht mal, welchen Mietpreis wir vereinbart hatten. – Ja, alles okay, „tutto a posto“.
Von Renate Konrad sind bisher erschienen: „Senza niente“, „Non solo isole“ und „Dolce far niente“. Auf ihrer Website gibt’s mehr Infos und Fotos zur Buchreihe „Immer wieder Italien“.
… nicht nur auf Giglio ticken die Uhren anders :))
Dear Max, I would like to nominate you for the “Super Sweet Blogger Award” and to thank you for your inspiring ideas & thoughts about the Maremma region, which inspire me a lot and makes me also laughing 🙂 Feel free to have a look at: http://zazumove.wordpress.com/2013/01/28/dance-to-the-rhythm-of-your-heart-a-sweet-experience/ Friendly cheers from Certaldo Katharina