Das antike Volk der Etrusker steckt voller Überraschungen. Wer weiß zum Beispiel schon, dass die Etrusker die Herrscher Roms waren? Sie stellten in der Anfangszeit des Römischen Reiches immerhin drei Könige. Auch sonst war Rom kulturell zu Beginn sehr stark von den Etruskern beeinflusst. So schauten sich die Römer etwa den Purpurmantel und das Rutenbündel mit Beil (ein Machtsymbol) von den Etruskern ab und lernten von ihnen, die Zukunft aus dem Vogelflug zu deuten.
Die Etrusker: noch vor den Römern eine Hochkultur
Zwei der etruskischen Könige Roms stammten aus Tarquinia, eine der wichtigsten etruskischen Städte. Tarquinia, im Latium-Teil der Maremma gelegen, wurde vermutlich bereits im 10. oder 9. Jahrhundert v. Chr. gegründet und ging, wie die meisten Etrusker-Städte, später im römischen Reich auf.
Es ist somit keine Überraschung, dass Tarquinia einer der Hotspots in Italien ist, um der untergegangenen Hochkultur der Etrusker nachzuspüren. Dafür sind in Tarquinia vor allem zwei Plätze einen ausführlichen Besuch wert:
- das archäologische Museum von Tarquinia
- die Gräber der Monterozzi-Nekropole
Wir empfehlen unbedingt, sowohl das Museum als auch die Nekropole zu besichtigen, da sich beides wunderbar ergänzt: In der Nekropole gibt es die Grabkammern zu sehen – und im Museum die Objekte, welche einst die Gräber zierten.
Verblüffende Skulpturen: das archäologische Museum
Im Renaissance-Palast Palazzo Vitelleschi untergebracht, ist das Museum schon architektonisch ein Prachtstück. Bereits am Eingang wird man von etruskischen Sarkophagen empfangen und darf gleich mal über die bildhauerischen Fähigkeiten der Etrusker staunen. Auf den Sarkophagen liegen, in lässiger Haltung auf einen Ellbogen gestützt, die steinernen Abbilder der Verstorbenen. Dass viele von ihnen weiblich sind, weist auf die gleichberechtigte Stellung der Frau im etruskischen Alltag hin. Neben der Haltung, die man von römischen Gastmälern kennt (da ist er wieder, der etruskische Einfluss auf die Römer!), sind die realitätsnahen, individuell gestalteten Gesichtszüge der Skulpturen bemerkenswert. Weiterhin sind im Museum Urnen, Amphoren sowie etliche Vasen und Schalen mit Alltagsdarstellungen zu sehen. Eine davon zeigt sogar ein kopulierendes Paar, welches heutzutage locker als pornografische Darstellung durchgehen würde. Das vielleicht wichtigste Austellungsstück sind aber die „cavalli alati“, eine Skulptur, welche geflügelte Pferde darstellt und von einer Tempelanlage des antiken Tarquinia stammt. Sie ist so vollendet gestaltet, dass sie fast wie maschinell hergestellt scheint.
Zurecht UNESCO-Welterbe: die Gräber von Tarquinia
Ähnlich wie in Cerveteri haben die Etrusker auch in Tarquinia eine regelrechte Totenstadt errichtet, welche mittlerweile zum UNESCO-Welterbe gehört. Anders als in Cerveteri, wo richtige Straßenzüge zu erkennen sind, spielt sich hier die Magie aber vielmehr unter der Erde ab: Unter den flachen Grabhügeln befinden sich prächtig freskierte Grabkammern, welche die Nekropole von Tarquinia in malerischer Hinsicht zur weltweit bedeutendsten machen. Die Fresken sind mit bunten, lebendigen und bis heute überraschend leuchtenden Farben gemalt – aus heutiger Sicht geradezu grotesk fröhlich für ein Grab. Doch die Etrusker bildeten ihre Gräber Wohnhäusern nach; schließlich sollte es dem Verstorbenem im Jenseits nicht an dem Wohlstand fehlen, den er auch zu Lebzeiten genossen hatte.
Zwischen Alltag und deftiger Erotik: etruskische Grabmalereien
Die Darstellungen spiegeln alle Aspekte etruskischen Alltagslebens wider und zeigen nebenbei, dass die Etrusker ein sehr lebensbejahendes Volk waren. Zu sehen sind Tänzer, Musiker, Ringkämpfer, Fischer, Jäger und immer wieder Abbildungen von Spielen, Festen und üppigen Banketten. Am meisten verwundern dürften die meisten Besucher aber die Darstellung eines Manns bei der Verrichtung seiner Notdurft sowie die einer Dreiergruppe beim Sado-Maso-Liebesspiel(!), übrigens nicht das einzige explizit erotische Bildnis in etruskischen Gräbern.
Im Anschluss bietet sich ein Bummel durch den mittelalterlichen Stadtkern von Tarquinia an, der dank Geschlechtertürme und vollständig erhaltener Stadtmauer dem anderer Orte der Maremma in Nichts nachsteht.
Mehr von den Etruskern in der Maremma
Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann in der Maremma weitere Zeugnisse der Etrusker besichtigen, zum Beispiel die nicht minder beeindruckende Nekropole von Cerveteri, die geheimnisvollen, in den Tuffstein gegrabenen Hohlwege oder die jahrtausendealten, aber immer noch modern wirkenden Goldschmiedearbeiten im archäologischen Museum von Grosseto.
Infos
Archäologisches Museum
Piazza Cavour, Tarquinia
Di-Do 8.30-19.30 Uhr
Monterozzi-Nekropole
Strada provinciale Monterozzi Marina, Tarquinia
Di-So 8.30 Uhr bis Sonnenuntergang
Kombiticket Museum und Nekropole: 8 €